Überzeugte überzeugen

Von | 14. Dezember 2015

WEIHNACHTEN 2015

Kraft aus innerer Überzeugung

Wir feiern Weihnachten und in diesem Jahr ist es ganz anders. Unsere Feiern werden angesichts der zu uns strömenden Flüchtlinge irritiert. Wir müssen ‚umfühlen’ und aus uns ‚heraustreten’, um sich dieser Irritation zu stellen.

Wie gut, dass wir die ‚alten Erzählungen’ haben. Sie nehmen uns angesichts der gravierenden Veränderungen gleichsam an die Hand.

Lukas hat mit seiner Erzählung keine Idylle erzählt, sondern er hat ein Ereignis in die Alltagsrealität komponiert. Wenn wir heute seine Erzählung hören, über mehr als zwei Jahrtausende immer wieder bewegend, drängen sich uns bei den überlieferten Bildern der Herbergssuche – ‚und sie hatten keinen Raum in der Herberge’ – die aktuellen Bilder auf. Von nach Europa unter Lebensgefahr ziehenden Menschen, manchmal bittend, manchmal zornig an den errichteten Zäunen.

 

Sie sind auf der Suche nach bergender Herberge und es werden auch Kinder geboren, vielleicht gezeugt in einem letzten Moment von jetzt verlorener Nähe und Vertrautheit?

Ein Potentat des damaligen Weltreiches hat eine Volkszählung angeordnet. Menschen müssen sich auf lange Wege in die Heimat ihrer Vorfahren machen, ohne eine Unterkunft gebucht zu haben. Es sind immer die Mächtigen, die aus Machterhaltung um jeden Preis Lebensverhältnisse massiv und willkürlich verändern. Aktuell auch mit Waffengewalt und Verfolgung.

In diese ‚verordnete Massenbewegung’ ereignet sich ein Aufbruch der besonderen Art. Fast am Rande derer, die in der Fremde nach Orientierung suchen, sich registrieren lassen müssen und dabei nicht wirklich durchschauen, wohin diese Willkür sie führen wird.

Von einer ‚Außenstation’ kommt die Bewegung, von gleichsam Ausgesetzten. Hirten mischen sich unter das multikulturelle und multireligiöse Durcheinander. Ihr Alltag ist auch ‚unterbrochen’ worden, allerdings weniger durch eine Anordnung von außen, sondern durch eine sie überwältigende ‚innere’ Wahrnehmung. Mitten in ihren Alltag als Hirten ist etwas Neues und Ungewohntes geplatzt. ‚Gott‘ ist so ganz nebenbei unterwegs zur Welt gekommen, unauffällig.

 

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In die Orientierungslosigkeit der aufgebrochenen Massen tritt die Orientierung einer kleinen eigentlich unbedeutenden Gruppe. Das Ziel findet ihr Aufbruch an einer Futterkrippe. In ihr liegt eines der während des Auszugs aus der vertrauten Heimat geborenen Kinder. In sich tragen sie die Botschaft von dem ‚Zeichen’ ‚ein Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend’ zu finden.

Es reicht ihnen, das gesehen zu haben, um allen gefragt und ungefragt zu sagen, was ihren Alltag ‚umgekrempelt’ hat. Auch die vielen in Kultur und Religion unterschiedlichen Menschen hören das. Auf alle trennende Unterschiedlichkeit legt sich etwas heilend Verbindendes. Es mag beruhigter geworden sein. Im Herzen Überzeugte überzeugen!

Das Machtgehabe eines Potentaten, der verordnet und über ein ganzes Heer von Erfüllungsgehilfen verfügt, wird von der universellen Botschaft überstrahlt: Euch ist heute der geboren, der das Unerträgliche, das Unmenschliche, das Zermürbende, das Hoffnungslose, das Reaktionäre aus Angst in Kontrolle und Machtgebaren einerseits oder in den Rückzug in subversive Rebellion andererseits wunderbar verwandeln und heilen wird.

Die Hirten machen vor, wie wir uns leiten lassen können von Botschaften, die Heilung verheißen. Das Verhalten der Hirten ist ein Beispiel dafür, wie Menschen durch ‚himmlische Botschaften’ bewegt, sich aufmachen und finden, was ihr Leben heilt. In einem kleinen Kind eine große Zukunft zu erkennen und im Unscheinba-ren das, was wirklich gelten wird.

Eine Kraft aus dem Geringen spüren, die sich untergründig in scheinbar aussichtslosen Situationen auswirkt – zum Beispiel im Lächeln eines Flüchtlings, in der nachdenklichen Abkehr eines Terroristen von einer zerstörerischen Ideologie.

‚Betlehem’ ist ‚Ort’ in uns, an dem Menschen durch Unscheinba-res ins Vertrauen zu Gott gelockt werden. Er ist aktuell auch ‚Ort’ in gegenwärtig irritierender Situation. An diesem ‚Ort’ wird Irritation in eine veränderte Sicht ‚verwandelt’. Starke Kräfte der Solidarität werden freigesetzt. Es entsteht die Sicht einer menschlichen und göttlichen Welt in Einheit – Weihnachten!

So kann auch unser Weg sein. Der Aufbruch der Hirten erinnert uns daran, dass unser Leben ein Unterwegssein ist und die Sinne für das Geringe offen hält.

Die Sehnsucht wird nicht nur artikuliert, sondern konkret geteilt: ‚Frieden auf Erden und den (unterschiedlichen) Menschen ein Wohlgefallen’.

Frieden

Bergende Gewissheit statt zermürbender Diskussionen aus Angst und Ungewissheit. Auch für das neue Jahr werden wir das brauchen.

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In diesem Sinne
eine gesegnete Weihnachtszeit,
gegenwärtige Realität
mit ermutigenden Gedanken und Gefühlen gefüllt
und für das Neue Jahr 2016 tragfähige Überzeugungen!

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ZUM NACHLESEN

Die bildreiche Erzählung von der Geburt Jesu.

Damals geschah Folgendes: der römische Kaiser Augustus erließ ein Gesetz, nach dem sein ganzes Weltreich statistisch erfasst werden sollte. Diese erste Erhebung aller Daten fand statt, als Quirinius als Gouverneur die Provinz Syrien verwaltete.

Alle Menschen machten sich auf den Weg, um ihre Namen erfassen zu lassen, und zwar jeder in seinem Heimatort. So zog auch Josef los, aus Galiläa, aus dem Ort Nazareth, hinauf in die Provinz Judäa, nach Bethlehem, der Heimatstadt von König David. Denn er war ein direkter Nachfahre von David und hatte dort noch Heimatrecht.

Deshalb wollte er sich dort registrieren lassen, zusammen mit seiner Verlobten Maria, die inzwischen schwanger war. Während sie sich dort aufhielten, rückte der Geburtstermin immer näher und Maria brachte einen Sohn zur Welt, ihr erstes Kind. Sie wickelte ihn fest ein und legte ihn zum Schlafen in einen Futtertrog, denn sie hatten im Gasthaus keinen anderen geeigneten Platz finden können.

Hirten befanden sich in der Gegend. Sie verbrachten die Nacht auf dem freien Feld, weil sie ihre Herden bewachen mussten. Da stand plötzlich ein Engel, ein Bote von Gott, vor ihnen. Der Licht­glanz der Herrlichkeit Gottes machte alles um sie herum ganz hell und sie wurden von großer Furcht ergriffen.

Doch der Gottesbote sagte zu ihnen: „Habt keine Angst! Denn ich bin hier, um euch eine wunderbare Nachricht zu bringen! Große Freude be­deutet sie für alle Menschen. Heute ist für euch der Weltenretter geboren, der Messias, der rechtmäßige Herr, und zwar in dem Heimatort von David.

 

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Und das kann euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Baby finden, das in Windeln eingewickelt in einem Futtertrog liegt.“

Plötzlich war da bei dem Gottesboten eine riesig große Armee des Himmels. Die sangen  Loblieder auf Gott und riefen:

„Gott gehört alle Ehre in den höchsten Höhen! Sein Friede kommt zu den  Menschen, die nach seinem guten Willen leben.“

Als dann die Engel wieder in den Himmel zurückkehrten, sagten die Hirten zueinander: “Los, lasst uns nach Bethlehem gehen! Wir wollen unbedingt sehen, was wir gehört haben, die Botschaft, die Gott uns mitgeteilt hat!“

Sie liefen so schnell wie möglich forthin und fanden alle vor: ;Maria und Josef und das Baby, das im Futtertrog lag. Sie sahen sie und erkannten sie aufgrund dessen, was ihnen über das kleine Kind berichtet worden war.

Alle, die von diesen Ereignissen hörten, staunten über das, was die Hirten ihnen erzählten. Und Maria nahm alles in sich auf und bewegte das, was sie gehört und erfahren hatte, in ihrem Herzen.
Lukas-Evangelium 2, 1-19

Nach ‚das buch’ – Neues Testament, übersetzt von Roland Werner


 

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