Sein gegen Angst

Von | 24. Oktober 2013

Sein gegen AngstLeben aus der Mitte

Leben war noch nie berechenbar. Unberechenbarkeit ist ein Indiz von Leben überhaupt! Unberechenbarkeit aber macht auch Angst.

Diese Tatsache führt zu Bemühungen, das Unberechenbare durch „Versicherung“, Kontrolle und Regelungen einzugrenzen. Ein geregeltes und geordnetes Leben soll Angst eindämmen.

Die gegenwärtige Angst vor unberechenbarem Terror-Angriff verstärkt solche Tendenzen und schränkt die Handlungsfähigkeit ein. „Angst mache dumm“, habe ich einmal gelesen. Von der Grundbedeutung her hieße das: Angst „verdunkelt, stumpft die Sinne“.

Leben aus der Mitte schafft eine andere Ordnung. Wer die Mitte findet, sieht das Ganze. Aus der Mitte leben, heißt, aus dem „Zentrum der Kraft“ leben. Nicht die Angst bestimmt, sondern innere Geborgenheit. 

Aus der dezentralen Peripherie leben, heißt, den von außen wirkenden unberechenbaren Ereignissen angstvoll ausgeliefert und Spielball ihrer Kräfte sein.

Kresse Mitte  Die Bedeutung der Mitte

Willigis Jäger, Gründer und langjähriger Leiter des Meditationszentrum St. Benedikt in Würzburg schreibt in „Die Welle ist das Meer“:

„Wichtige Einsichten sind in der Immunologie gewonnen worden. Inzwischen wissen wir, dass unser Immunsystem auch von unserer geistigen Verfassung abhängt. Je nach Seelenlage sind wir besser oder schlechter imstande, Krankheitserreger abzuwehren. Es gibt Studien, die darauf hinweisen, dass bestimmte Zellen des Immunsystems durch Depression und Stress angegriffen werden. Bei hohem Blutdruck etwa kann die Medizin in neunzig Prozent der Fälle keinen anderen Grund angeben als psychische Reize. Das verdeutlicht, wie sehr Gefühle, Stimmungen und Gedanken in chemische Botschaften umgewandelt werden und so zu Gesundheit oder Krankheit führen. Das heißt dann aber auch, dass wir durch eine Veränderung unserer geistigen Befindlichkeit auf unsere körperliche Verfassung einwirken können. Jeder, der etwas Erfahrung mit Meditation oder Kontemplation hat, weiß, wie sehr sich seine Übung körperlich auswirkt.

In der Kontemplation werden unsere inneren Energien geordnet und harmonisiert. Wir produzieren Neuroproteine, die Leib, Psyche und Geist beeinflussen. Das dient unserer Gesundheit oft mehr als rein physisch operierende medizinische Therapien, die zwar die Körpersymptome einer Krankheit behandeln, die eigentlichen Ursachen – die im geistigen Bereich liegen – aber ignorieren.“  

In dem genannten Buch beschreibt der Autor, dass wir die „Mitte“ nicht über das denkende und reflektierende Ich erfahren, sondern sie über die Ebene des transpersonalen Ich finden. Es ist die Ebene der Bilder, Symbole und Rituale.


 

SCHRITTE ZUR MITTE
Nachfolgend einige Hinweise und Übungen, die helfen können, die Mitte zu finden und sich zu erhalten.

Sammlung.
Unser Bewusstsein ist unruhig und reagiert auf die verschiedensten Reize, die uns umgeben. Mit einer bestimmten Sitzhaltung können wir uns zur Sammlung helfen. Es ist wichtig, dass die Füße Bodenkontakt haben, der Rücken gerade aufgerichtet sein kann. Geschlossene Augen oder den Blick auf einen Gegenstand fixiert, zum Beispiel auf eine brennende Kerze, einen Stein können helfen.

Ich und Atem.
Die Konzentration auf den eigenen Atem hat etwas Ausschließendes. Andere Reize werden ausgeschlossen, wenn wir uns dem Rhythmus des eigenen Atems überlassen.

Laute und Worte.
Wir kennen die Laute des Babys, die sich immer wiederholen und gleichzeitig Nähe zu sich selbst ausdrücken. Gesummte oder getönte Laute können der inneren Einkehr dienen. Das gilt auch für ein immer wiederholtes Wort oder einen Satz.

Bewegung.
Solche Laute und Worte können auch durch bestimmte Bewegung begleitet sein. Der Körper kann sich für das Ganze öffnen. Das kann sogar in tanzartige Bewegung münden. Eins werden mit dem Schritt, das hat die gleiche Wirkung wie das Einswerden mit dem Atem oder dem Laut.

Regelmäßigkeit.
Ein fester und ungestörter Platz in der Wohnung oder an einem anderen Ort und Regelmäßigkeit sind Voraussetzung, um sich einige Minuten am Tag Zeit ganz für sich zum Aufbruch in die eigenen Mitte nehmen zu können.                           

Unser Leben kann zu einer heiligen Pilgerreise werden, in dem Gott ist und geht: „Wenn du dich mir stetig näherst und dies mit ganzer Hingabe tust, bis du eins wirst mit Meiner Liebe, dann bin ich das Ohr, mit dem du hörst, das Auge mit dem du siehst, die Hand mit der du greifst, der Fuß mit dem du gehst.“  Nur im Hier und Jetzt lässt sich die Wirklichkeit Gottes erfahren.

Willigis Jäger

Es ist, als ob ich neben mir stehe,
um mich an die Hand zu nehmen, um mir selbst bei-zustehen.
Das ist göttliche Kraft, die zuversichtlich macht.

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