Keine Unterdrückung

Von | 24. August 2015

DABEI SEIN, WENN DER GEIST VON UNTEN AUFBRICHT

  Anrede 1

                   24. Mai 2012

Sinnfällig zum Pfingstfest 2012 formiert sich in Köln der ‚Neue Atheismus’. Der IBKA (Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten) versammelt Menschen, um eine ‚atheistische Perspektive’ zur weltanschaulichen Freiheit und Selbstbestimmung zu entwickeln. Es gilt, sich dem wachsenden Fundamentalismus und radikalisierten religiösen Tendenzen zu widersetzen. Der von einem bestimmten ‚Gott‘ abhängige Glaube wird abgelehnt. Die organisierte Religion sei die Wurzel allen Übels wird postuliert. Menschen seien mit Religion unglücklicher, nicht glücklicher geworden, heißt es. Religion dürfe nicht länger toleriert, sondern müsse argumentativ bekämpft werden. Nicht länger dürfte es Anspruch sein, das Leben von Menschen zu bestimmen. Dieser religiösen Anmaßung gelte es sich deutlich entgegenzustellen.Diese Hinweise gab es in einem Beitrag des WDR.

Ich habe sehr aufmerksam zugehört. Ich habe mehrmals zugestimmt. Angesichts von in jüngster Zeit zunehmender religiöser Radikalisierung in sowohl muslimischer als auch christlicher Kultur ist ‚argumentativer’ Widerstand angesagt. Dann schaue ich auf Pfingsten, diesem Ereignis  revolutionärer Veränderung, diesem Ausbruch aus ängstlicher Abhängigkeit und Aufbruch in mutige Freiheit.  Ein ‚neuer Geist’ macht lebendig und fordert heraus. Atemberaubend und euphorisierend auf der einen Seite, beängstigend und bedrohend auf der anderen Seite.

Schnell formieren sich reaktionäre Kräfte, die sich entgegenstellen. Es entstehen entsprechende Systeme, die der wachsenden Mündigkeit Entmündigung entgegenstellen. ‚Was richtig ist und wie ein Leben in Freiheit auszusehen hat, bestimmen wir’ wird zur Strategie. Bevormundende ‚Kreuzzüge’ aller Art sind die Folge mit allen verheerenden Konsequenzen. Gegen-Reaktionen gibt es – auch hier mit einem hohen Maß an Radikalisierung.

Letztlich aus dieser ‚Tradition’ formiert sich auch religiöses Leben. Die ‚bewegende Kraft des Geistes’ wird kanalisiert und nur hier und da zeigen sich neue Aufbrüche. Das ist weitgehend auch gegenwärtige Situation. Eine mehr oder weniger angepasste hierarchische Kirche scheint die ‚Kraft des Geistes’ in Gremien und Ausschüssen verwalten zu wollen.  Gläubige sind Teil dieses herrschenden Systems und es macht sich Ermüdung wie Mehltau breit. Gleichzeitig aber schafft sich zunehmend  Unbehagen Raum. Zaghafter Widerstand gegen die übermächtige Hierarchie scheitert meist an mangelnder solidarischer Basis. Aufbruch-Farn-Felsen

Aufbruch-Dynamik

Es gilt, die Aufbruchs-Dynamik (dynamis = Kraft) vor mehr als 2000 Jahren zurück zu gewinnen und die ‚Gefängnisse’ der Hierarchie zu öffnen!


Sie ließen die Apostel verhaften und in das öffentliche Gefängnis werfen. Ein Engel des Herrn aber öffnete nachts die Gefängnistore, führte sie heraus und sagte: Geht, tretet im Tempel auf, und verkündet dem Volk alle Worte dieses Lebens! Sie gehorchten und gingen bei Tagesanbruch in den Tempel und lehrten. Apostelgeschichte 5,18-21a


Dabei sein, wenn der ‚Geist der Freiheit’ sich Raum nimmt und angstfrei zu Freiheit und Mündigkeit in Verantwortung ermutigt! Der Schweizer Theologe Kurt Marti beschreibt das so:

Heiliger Geist?
Kein römischer Brunnen,
wo  Wasser sich über Stufen und Schalen
hierarchisch von oben nach unten ergießen.

Heiliger Geist:
Quellen. aufstoßend, aufbrechend
von unten (an der Basis, ja!),
unauffällig, heimlich zunächst, erzwingbar nie.

Und jener weise Pfarrer, der sagte: Meine Arbeit?
Die eines Rutengängers, der die Gemeinde durchstreift,
nach Quellen suchend,
die ohne mein Zutun sprudeln,
über deren Fassung, Nutzung
wir allenfalls dann miteinander beraten.

Sogleich aber fügte der Pfarrer hinzu
(weil er tatsächlich weise war):
‚Fassen‘, ’nutzen‘ – hilfloser, untauglicher Wortkram!

Aufsprudelt der Geist, wo und auch wie er will
und hält sich nicht an Amt und Struktur – dabei sein ist alles.

 Dabei sein, ja,
wenn da, wenn dort von unten auf Quellen springen,
Leben sich rührt.

 Dabei sein, ja,
wenn die gesellige Gottheit
zu raunen, zu reden, zu wirken beginnt.

Dabei sein, ja,
wenn ihr Geist Durst nach Gerechtigkeit weckt,
Mut macht zu eigenem Handeln
und neue Geselligkeit stiftet z.B. mit Flüchtlingen, Verfolgten.

 Dabei sein, ja:
nicht beiseite treten, nicht weglaufen,
der Angst nicht nachgeben, kein Hindernis werden,
offen bleiben – ‚Den Geist dämpfet nicht’ (1.Thessalonicher 5,19)

Aus Kurt Marti, ‚Die gesellige Gottheit‘


Die von den ‚Neuen Atheisten’ geforderte ‚atheistische Perspektive’ würde zu einer neuen ‚Geist-Offensive’. Menschen würden mutiger und glücklicher! Wenn der ‚Heilige Geist‘ über die Menschen kommt,  führt er sie zusammen und ermöglicht  ‚hörende‘ Gemeinschaft, die offen ist für alle Suchenden und Fragenden.

Es entsteht eine Gemeinschaft, die aus ihrer Enge ausbricht und zum durchdringenden ‚Sauerteig‘ wird. Da gibt es keine Manipulation, keine Bevormundung, sondern selbst verantwort-liches Handeln in Bindung an den kräftigenden und ermutigenden ‚Geist‘. Dieser Geist wirkt vielleicht auch, wenn sich die ‚Neuen Atheisten‘ zum kritischen Widerstand gegen religiöse Bevormundung versammeln!? Von diesem Geist bewegt grüße ich Euch ‚pfingstlich‘!  

Euer

Anrede2

 

 

 

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